Gericht in Chile spricht Urteil wegen Ermordung von Miguel Enríquez

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Miguel Enriquez, Mitbegründer und Generalsekretär der MIR in Chile, wurde am 5. Oktober 1974 ermordet
Miguel Enriquez, Mitbegründer und Generalsekretär der MIR in Chile, wurde am 5. Oktober 1974 ermordet

Santiago. Der ehemalige Agent des chilenischen Geheimdienstes DINA, Miguel Krassnoff Martchenko, ist am 3. Januar von einem Gericht in Chile zu zehn Jahren und einem Tag Haft verurteilt worden. Er wurde schuldig befunden, an der extralegalen Hinrichtung von Miguel Enríquez, Arzt und Gründungsmitglied der Bewegung der revolutionären Linken (MIR), am 5. Oktober 1974 beteiligt gewesen zu sein. Zwei weitere Angeklagte wurden zu drei Jahren und einem Tag Haft auf Bewährung verurteilt. Die MIR war zunächst die einzige Organisation, die nach dem Militärputsch 1973 gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende bewaffneten Widerstand gegen die Diktatur leistete.

Der Prozess um die Ermordung von Enríquez, der nach dem Putsch im Untergrund lebte, zog sich mehr als zwei Jahre hin. Das Gericht widerlegte die Behauptung, es habe sich bei der Erschießung um eine bewaffnete Auseinandersetzung gehandelt und stellte fest, dass die Agenten des Geheimdienstes DINA gemeinsam mit Polizeibeamten "ohne vorherige Warnung, damit sie sich stellen und verhaftet werden können" das Feuer eröffnet hatten. Damit wurde juristisch belegt, was schon lange klar war: Enríquez wurde gezielt getötet. Seine Partnerin, Carmen Castillo Echeverría, die damals schwanger war, wurde bei dem Einsatz verletzt, zwei weitere MIR-Angehörige konnten fliehen.

Die renommierte Dokumentarfilmerin Castillo Echeverría erklärte nach dem Urteil, es sei sehr wichtig, dass die Justiz ihre Arbeit gemacht habe: "Miguel Enríquez kämpfte und leistete Widerstand um zu überleben, da die verurteilten DINA-Agenten kamen um zu töten." Marco Enríquez-Ominami, Politiker und einer der Söhne von Enríquez zeigte sich erfreut über das Urteil: "Es wurden grauenhafte Dinge über meine Familie gesagt und geschrieben. Die Gerichte haben das gelöst. Die Debatte ist vorbei. Es gibt einen Mörder und ein Mordopfer."

Neben den Strafen für die Angeklagten verurteilte das Gericht den chilenischen Staat zur Zahlung von jeweils 50 Millionen Peso (rund 70.000 Euro) an die beiden Kinder von Enríquez.

Der heute 71-jährige Krassnoff, der aus anderen Verurteilungen wegen Menschenrechtsverbrechen mittlerweile Haftstrafen von mehr als 400 Jahren angesammelt hat, war während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet unter anderem Agent des Geheimdienstes DINA. In dieser Funktion war er zwischen 1974 und 1976 an Entführungen, Folter und Mord von Oppositionellen beteiligt. Beim Putsch am 11. September 1973 kommandierte er die Einheit, die das Wohnhaus Allendes angriff. Nach dem Ende der Diktatur verblieb er bis 1998 er im Militär. 2001 wurde er das erste Mal festgenommen. Seine Verteidigung kündigte an, gegen die erneute Verurteilung vor das Verfassungsgericht zu ziehen.