Ecuador / Politik / Wirtschaft

Präsident von Ecuador gerät wegen Pandora Papers weiter in Bedrängnis

Untersuchungskommission empfiehlt Verfahren zur Amtsenthebung von Lasso wegen Steuerflucht. Ex-Präsident Correa und Indigenenbewegung üben Kritik

guillermo-lasso-ecuador-spanien-wirtschaftsforum.jpeg

Guillermo Lasso auf einem Wirtschaftsforum in Madrid, während sich die Probleme in der Heimat vergrößern
Guillermo Lasso auf einem Wirtschaftsforum in Madrid, während sich die Probleme in der Heimat vergrößern

Quito. Für Furore sorgt in Ecuador der Abschlussbericht einer parlamentarischen Kommission über Steuervermeidungspraktiken von Präsident Guillermo Lasso. Vor einem Monat beauftragte das Parlament die Kommission, die sich aus Abgeordneten der linken Partei Unes, Pachakutik (dem politischen Arm der Indigenenorganisation Conaie) sowie Abgeordneten der Partei Acuerdo Nacional zusammensetzt, mit der Untersuchung von entsprechenden Vorwürfen.

Anfang Oktober erschien Lassos Name auf einer Liste der sogenannten Pandora Papers, dem bis dato größten Leak von Briefkastenfirmen oder Trusts in Steueroasen (amerika21 berichtete). Das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten veröffentlichte die Besitzer:innen und Verbindungen von 29.000 Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungskonten. Die Recherche erhielt die Unterstützung von über 600 Journalist:innen und Medien.

Lasso, dessen Nutzung von 14 Offshore-Dienstleistern dokumentiert sein soll, hat dem Kommissionsbericht zufolge Gesetze gebrochen. Im Besonderen den 2017 von einer Volksbefragung angenommenen "Ethischen Pakt", sowie das Gesetz mit Verfassungsrang über die Anwendung der Volksbefragung. Die entsprechenden Bestimmungen verbieten politischen Funktionsträger:innen und Bewerber:innen für politische Ämter den Besitz von Vermögen oder Kapital jeglicher Art in Steuerparadiesen.

Laut dem Bericht ist Lasso mit einem Familienbesitzanteil von 90 Prozent der Mehrheitsaktionär der Wirtschaftsgruppe Bank von Guayaquil. Damit müssen alle von der Gruppe getroffenen Entscheidungen in Bezug auf (inter-)nationale Investitionen, die Gründung von Offshore-Gesellschaften beziehungsweise Trusts in Steuerparadiesen sowie die Steuerregelung von ihm selbst genehmigt sein, um rechtlich bindend zu sein. In der Wirtschaftsgruppe sind auch die Unternehmen Administradora de Fondos BG, Casa de Valores Multivalores BG, y Colari S. A., Banisi y Banisi Holdin mit Sitz in Panama zusammengefasst.

Lasso habe mit seinem Handeln eine Regierungskrise ausgelöst, weshalb das Parlament laut der Empfehlung der Untersuchungskommission ein Verfahren zur Amtsenthebung beschließen solle. Rechtliche Grundlage bietet Verfassungsartikel 130,2: "Die Nationalversammlung kann den Präsidenten der Republik im Falle einer schweren politischen Krise und innerer Unruhen absetzen."

Der Präsident und Großaktionär, der sich momentan auf Staatsbesuch in Spanien befindet, verweigerte sich bisher den Fragen der Nationalversammlung und weist das Ergebnis der parlamentarischen Ermittlung zurück. Seiner Stellungnahme zufolge missachte die Kommission ein ordnungsgemäßes Verfahren und sei nicht rechtsgültig.

Die parlamentarische Ermittlung empfiehlt außerdem die Einleitung von Amtsenthebungsverfahren gegen die Behörden und öffentlichen Bediensteten, die nicht zur Aufklärung des Verdachts der Steuerflucht beigetragen haben. Darunter zählt die Kommission die Generalstaatsanwaltschaft, die Bundessteuerbehörde und die Oberaufsicht über die Banken.

Unter dem Twitter-Hashtag "Die Korrupten waren immer schon sie" spielte indes der ehemalige ecuadorianische Präsident Rafael Correa auf seine Verurteilung im April 2020 zu acht Jahren Haft durch ein ecuadorianisches Gericht wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit an. Corrrea befand sich zu diesem Zeitpunkt schon im belgischen Exil und qualifizierte das Urteil als unzutreffend und politisch motiviert. Er warnte bezüglich der aktuellen Vorgänge, dass sich die Oligarchie immer zusammentun werde, wenn ihre Interessen bedroht sind, und dass Lasso eine Schande für Ecuador sei.

Auch die Indigenenorganisation Conaie kritisiert Lasso aufs Schärfste: "Steueroasen sind gleichbedeutend mit Steuerbetrug, Diebstahl, Enteignung, Armut, obszöner Konzentration von Reichtum und sozialer Ungleichheit. Es ist beschämend, dass die Exekutive versucht, die Steuerhinterziehung eines der reichsten Präsidenten der Geschichte zu rechtfertigen, während sie gleichzeitig ankündigt, dass sie wegen fehlender Mittel für den Haushaltsplan 291 Millionen US-Dollar im Gesundheitswesen und 278 Millionen US-Dollar im Bildungswesen kürzt. Diese Mittel fehlen, weil die Finanz- und Wirtschaftsgruppen Steuern hinterziehen."

Am kommenden Montag wird Lasso von dem Politiker, Journalisten und Präsidenten der Untersuchungskommission, Fernando Villavicencio, befragt. Dabei soll es unter anderem um Lassos Verbindung zu dem vor wenigen Wochen in den Kapverden wegen Geldwäsche festgenommenen und an die USA ausgelieferten kolumbianisch-venezolanischen Geschäftsmann Alex Saab gehen, der als enger Verbündeter des Präsidenten von Venezuela, Nicolás Maduro, gilt. Die Kommission berichtet von Hinweisen, dass Saab in Verbindung zu der panamesischen Bank Banisi stand, die zu der Wirtschaftsgruppe Bank von Guayaquil gehört.

Nach nur wenigen Monaten im Amt befindet sich Lasso an einem Tiefpunkt und muss den Verlust der Präsidentschaft fürchten. In den vergangenen Wochen geriet er zudem durch Gefängnis-Unruhen mit zahlreichen Todesopfern sowie durch landesweite Proteste (amerika21 berichtete) weiter unter Druck.