Erfolg für Indigene in Brasilien: Präsident Lula legt Veto gegen "Marco Temporal" ein

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Indigene Gemeinschaften protestieren in Brasília gegen die Stichtagsregelung "Marco Temporal"
Indigene Gemeinschaften protestieren in Brasília gegen die Stichtagsregelung "Marco Temporal"

Brasília. Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva stellt sich auf die Seite der indigenen Bevölkerung und hat gegen zentrale Punkte des umstrittenen Gesetzesprojektes "Marco Temporal" ein Veto eingelegt.

Der Politiker der linken Arbeiterpartei PT stoppte damit das Vorhaben, indigene Gebiete auf die Besiedlung im Stichjahr 1988 festzulegen.

Anfang Oktober hatte der Senat in einer Dringlichkeitssitzung das Gesetz zur Begrenzung indigener Schutzgebiete mit 43 zu 21 Stimmen befürwortet. Parlamentarier aus dem Agrobusiness wollen das neue Gesetz durchsetzen, obwohl der Oberste Gerichtshof des Landes das Gesetzesvorhaben im September klar als "verfassungswidrig" eingestuft hatte. Denn Artikel 231 der Verfassung schreibt den Schutz der indigenen Gebiete vor und sieht ein dauerhaftes und exklusives Nutzungsrecht für die Gemeinschaften vor.

Mit dem "Marco Temporal" soll die Ausweisung der indigenen Gebiete auf Regionen beschränkt werden, die die indigenen Völker nachweislich bereits zum Stichtag 5. Oktober 1988 dauerhaft besiedelt haben. Das ist der Tag, an dem die neue Verfassung Brasiliens in Kraft getreten ist. Ausschließlich auf diese Territorien sollen die Gemeinschaften in Zukunft Anspruch haben, dafür stimmte die Mehrheit im Senat.

Diese Neuregelung würde aber nicht berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Völker aus den historisch von ihnen besiedelten Landstrichen vertrieben worden waren. Deshalb hatte der Oberste Gerichtshof das Gesetzesprojekt am 21. September 2023 nach einem zweijährigen Verfahren gekippt. Der Senat hat diese Entscheidung jedoch ignoriert und das Gesetz befürwortet.

Präsident Lula machte nun von seinem Vetorecht Gebrauch und schaffte mit einem Stopp Klarheit: "Wir werden im Dialog sein und weiter daran arbeiten, dass wir weiterhin, so wie heute, juristische Sicherheit geben und die Rechte der indigenen Völker im Land respektieren", schrieb er auf dem Social-Media-Kanal X.

Ohne sein Veto müssten die indigenen Gemeinschaften, die nicht beweisen können, dass sie schon 1988 ein bestimmtes Gebiet besiedelten, dieses Land wieder verlassen. Gestoppt sind damit auch die Genehmigungen für Bergbau, große Infrastrukturprojekte und die Nutzung transgener Pflanzen auf indigenem Territorium.

Die Ministerin für indigene Völker, Sônia Guajajara, feierte die Entscheidung des Präsidenten: "Das Ergebnis ist ein Sieg für die indigenen Völker, die eine große Mobilisierung zu diesem Thema erreicht haben. Es geht darum, die Verfassung und die spezifischen Regeln, die es für die Ausweisung von indigenen Gebieten gibt, zu respektieren", so die Ministerin der im Januar 2023 neugeschaffenen Regierungsbehörde.