Hausdurchsuchungen und Festnahmen in Guatemala, auch designierter Präsident im Visier der Staatsanwaltschaft

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Semilla Mitglied Marcela Blanco und die Dekane  Eduardo Velásquez und Alfredo Beber nach ihrer Festnahme am Donnerstag
Semilla Mitglied Marcela Blanco und die Dekane Eduardo Velásquez und Alfredo Beber nach ihrer Festnahme am Donnerstag

Guatemala-Stadt/Quetzaltenango. Polizei und Staatsanwaltschaft haben in Guatemala am Donnerstagmorgen (Ortszeit) landesweit Hausdurchsuchungen durchgeführt und Festnahmen vollstreckt. Die Festnahmen stehen im Zusammenhang mit den Protesten an der San-Carlos-Universität (USAC) gegen den von Teilen der Studentenschaft als illegitim angesehen Rektor Walter Mazariegos.

Mazariegos war im Mai 2022 in einer umstrittenen Wahl zum Rektor der San-Carlos-Universität gewählt worden und gilt seinen Kritikern als Vertrauter des herrschenden Paktes der Korrupten. Sieben Wahlvertreter aus Fakultäten, in denen Gegenkandidaten von Mazariegos gewonnen hatten, waren ausgeschlossen worden. Der aussichtsreichste Gegenkandidat, der ehemalige Menschenrechtsobman Jordán Rodas musste nach Drohungen aus rechtsextremen Kreisen im August vergangenen Jahres ins Exil gehen.

Der Rektor der San-Carlos-Universität hat Stimmrecht und damit Einfluss in diversen staatlichen Gremien. Kritiker werfen Mazariegos vor, einen schrittweisen Privatisierungsprozess der einzigen öffentlichen Universität Guatemalas anzustreben. Aus Protest gegen die aus ihrer Sicht manipulierten Wahl besetzten Studentenorganisationen Ende April 2022 den zentralen Campus in der Hauptstadt, ihre Aktion dauerte bis Juni dieses Jahres an. Auch verschiedene Aussenstellen der Universität im Land waren über Monate besetzt.

Laut Prensa Comunitaria wurden "31 Razzien durchgeführt". insgesamt gibt es "27 Haftbefehle gegen Studenten, Dekane der Fakultäten der USAC, Anwälte, Aktivisten und den ehemaligen Menschenrechtsobman Jordán Rodas. Alle Betroffenen unterstützen die Bewegung von San-Carlos und lehnen die Einsetzung von Walter Mazariegos als Rektor ab." Unter den durchsuchten Objekten war auch der Wohnsitz von Jordán Rodas in Guatemalas zweitgrößter Stadt Quetzaltenango. Rodas betonte auf seinem Account bei X, dass dies geschah, obwohl "öffentlich bekannt ist, dass ich mich im Ausland befinde". Dies diene der "Einschüchterung meiner Familie". Er wies "die fadenscheinigen Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft kategorisch zurück. Mein großes Verbrechen war es, Rektor der San-Carlos-Universität werden zu wollen und sie vor der Mafia zu retten, was ich nicht bereue. Meine Solidarität gilt all den Menschen, die kriminalisiert werden."

 Die Vorfälle richten sich auch gegen die progressive Partei Semilla des künftigen Staatspräsidenten Bernardo Arévalo. Laut einem Medienbericht wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Arévalo und seine gewählte Vizepräsidentin Karin Herrera eingeleitet. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft wegen angeblicher Verbrechen gegen das kulturelle Erbe der Nation am 4. August das Nationale Institut für forensische Wissenschaften gebeten hat, eine linguistische Analyse von "Äußerungen und Nachrichten in sozialen Netzwerken" durchzuführen, die "die Einsetzung von Walter Mazariegos als De-facto-Rektor der Universität San Carlos abgelehnt haben". Aus gleichem Grund wird gegen insgesamt sechs Abgeordnete, sowohl der auslaufenden wie auch der kommenden Legislaturperiode von Semilla, VOS (Voluntad, Oportunidad y Solidaridad) und der indigenen Parte Winaq ermittelt. Unter den am Donnerstag Festgenommen befindet sich mit Marcela Blanco auch ein prominentes Mitglied der Partei Semilla. Sie wurde zusammen mit dem Studentenaktivisten Javier de Leon und den Dekanen der USAC Rodolfo Chang, Alfredo Beber und Eduardo Velásquez ins Gefängnis Matiscal Zavala in der Hauptstadt überstellt.

Wenige Stunden vor den Razzien hatte das Parlament mehrheitlich für neue Richter des Obersten Gerichtshofes gestimmt, unter ihnen mehrere Personen, die der Korruption beschuldigt werden, schreibt Prensa Comunitaria. Demonstranten bewerteten dies "als neuen Schritt im Staatsstreich", nach der Sitzung ging die Polizei gewaltsam sie vor.

Am Mittwoch hatte der Ständige Rat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine neue Resolution zu den "antidemokratischen Vorgängen" verabschiedet und Guatemala aufgefordert, "das Wahlergebniss zu respektieren." Die Resolution wurde mit den Stimmen von 20 Staaten verabschiedet, die einzige Gegenstimme kam von Guatemala.

Matthew Miller, Sprecher des US-Außenministeriums, erklärte am Donnerstag, die Aktionen der Staatsanwaltschaft zeigten deutlich, das diese "den Willen des Volkes nicht repektiere."